Systemelektronik i2e

Messdaten und Video

VITC in der Meßtechnik
Meßdaten und Videosignale gemeinsam verarbeiten

Fallen bei einem mittels Kamera dokumentierten Vorgang zusätzlich Meßdaten an, so lassen sich diese vorteilhaft ins Video integrieren. Dadurch wird eine gemeinsame Übertragung, Auswertung und Archivierung möglich.

Die Videokamera hat ihren Einzug in weite Bereiche der Technik gehalten.
Sie ermöglicht die Beobachtung ansonsten schwer zugänglicher Bereiche, liefert das Ausgangsmaterial für eine rechnergestützte Bildverarbeitung, z.B. in der Produktionsüberwachung, oder dient der Dokumentation von technischen Vorgängen zu archivierungs- und schulungszwecken, z.B. in der Medizin. Oft fallen bei diesen Einsätzen auch begleitende Daten an, wie etwa Zeit- und Ortsmarkierungen oder Meßwerte zum beobachteten Vorgang. Da diese einen direkten Bezug zum Bild haben, sollten sie gemeinsam mit diesem einer Auswertung oder Archivierung zugeführt werden.

Eine Lösung
Bei vielen Anwendungen ist die Einblendung der entsprechenden Daten als Klartext ins Bild eine Lösung. Doch dies ist entgültig und nicht wieder zu entfernen. Eine Auswertung der Daten mittels Rechner ist nicht praktikabel (Zeichenerkennung ?!) und vielleicht sollen nicht alle Informationen jedem Betrachter zugänglich sein. Die bessere Alternative ist eine unsichtbare Kodierung der Daten in einem für den Rechner günstigen Format.

Interdisziplinäre Unterstützung
Nicht selten finden sich Lösungsansätze für ein technisches Problem in benachbarten Disziplinen. So auch in diesem Fall. Das im folgenden beschriebene Verfahren zur Kombination von Videobildern und Daten stammt ursprünglich aus der Fernseh-Studiotechnik.

VITC, Bildadressierung in der Fernsehtechnik
Für den elektronischen Videoschnitt wurde ein Verfahren gesucht, mit dem jedes einzelne Videobild (unsichtbar) markiert und damit jederzeit wiedergefunden werden konnte. Die Normungsgremien der Fernsehtechnik (SMPTE/ EBU) entwickelten zu diesem Zweck den Vertical Interval Time Code, kurz VITC. Danach wird jedes einzelne Bild mit einer eigenen "Adresse" versehen, indem das Videosignal selbst in geeigneter Weise verändert wird. Diese Markierung wird dadurch zu einem festen Bestandteil des Bildes und kann mitübertragen und aufgezeichnet werden. Das Kodierungsverfahren ist an die Bedingungen einer Magnetband-Aufzeichnung angepaßt, so daß ein sicheres Auslesen der (Adress-) Information auch bei archiviertem Material gewährleistet ist. Nach der Dekodierung lassen sich die Daten mit einem Rechner weiterverarbeiten. Es bietet sich daher an, das Verfahren auch für die Unterbringung anderer bildbezogener Daten zu nutzen.

 

Zeitlich zwischen den mit Bildinhalt gefüllten Teilen der einzelnen Halbbilder liegt der Bereich der vertikalen Austastlücke. Diese beinhaltet neben dem vertikalen Synchronimpuls, der im darstellenden Monitor den Elektronenstrahl von unten nach oben zurückführt, eine Reihe "schwarzer" Zeilen. In diese werden nun die VITC-Daten mit ca. 70% des Weißpegels eingesetzt. Auch die Videotext- und VPS-Signale der Fernsehsender liegen in diesem Bereich.
In der Regel werden zwei Zeilen für den VITC genutzt, für spezielle Anwendungen ist es jedoch möglich, auch mehr Zeilen zu belegen. Eine einzelne VITC-Zeile beinhaltet 8 Datenworte und ein abschließendes CRC-Wort zur Fehlerabsicherung. Die Worte selbst sind 10 Bit lang und bestehen aus 2 vorangestellten Synchronisationsbits gefolgt von 8 Daten- bzw. CRC-Bits. Nach der VITC-Norm sind die Datenbytes in jeweils 2 Nibbles geteilt, wovon das Erste die Zeit- information und das Zweite die frei definierbaren Anwender-Daten enthält. Die Zeitinformation hat BCD-Form.Die einzelnen Bits sind NRZ-kodiert und haben eine Länge von je ca. 550ns. Die Synchronisationsbits bestehen aus einem '1/0'-Paar, und bieten so wenigstens eine Flanke pro Wort zur Synchronisation, auch bei einem Datenwert von '0'.
 

Etwas Fersehtechnik
Zwischen den einzelnen Halbbildern sind nun einige Zeilen nicht mit Bildinhalt belegt, sondern sie sind "schwarz". Bei der Darstellung des Signals auf einem Monitor verschwindet dieser Bereich jenseits des oberen und unteren Bildrandes. Ein Teil dieser "vertikalen Austastlücke", ca. 16 Zeilen je Halbbild, läßt sich nun zur Unterbringung der zuvor beschriebenen Adressierung und Datenkodierung nutzen.

Das Signal
Das Kamerasignal enthält im Wesentlichen zwei Bestandteile, nämlich den Bildinhalt, die eigentliche Nutzinformation, und eine Reihe von Hilfssignalen, die in der Hauptsache der Synchronisation des darstellenden Monitors dienen. Sie strukturieren das Signal zunächst in einzelne Zeilen mit je 64us Länge. Aus 625 dieser Zeilen baut sich ein komplettes Bild auf. Es werden 25 Bilder pro Sekunde übermittelt. Diese relativ niedrige Bildwechselfrequenz würde bei der Wiedergabe auf einem Monitor zu einem Flackereffekt führen. Man erhöht deshalb scheinbar die Anzahl der Bilder, indem die 625 Zeilen auf zwei Halbbilder mit je 312,5 Zeilen aufgeteilt werden. Sie passen kammartig ineinander und werden nacheinander mit der Wechselfrequenz von 50Hz angezeigt (Zeilensprungverfahren). Das VITC-Signal wird als NRZ-Kodierung in mindestens eine Zeile der vertikalen Austastlücke eingefügt und besteht aus insgesamt 90 Bits, entsprechend einer Bitrate von ca. 0.9MB/s. Bei einer analogen Bandbreite des Videosignals von ca. 5MHz erscheint das Verschwenderisch im Umgang mit Übertragungskapazität. Es ist jedoch wichtig, die Daten auch aus einer mittels Videorekorder erstellten Aufnahme der Bilder sicher wieder zurücklesen zu können. So reicht der nutzbare Frequenzbereich einer Videoaufzeichnung beim Einfachrekorder nur bis ca. 3MHz (beim Profirekorder schon bis ca.6MHz). In der Praxis läßt sich ein VITC-Signal noch aus einer auf einem einfachen Videorekorder erstellten Band-Kopie (2.Generation) sicher rekonstruieren. Beim ebenfalls in der vertikalen Austastlücke von Fernsehsignalen eingesetzten Videotext-Standart wird mit wesentlich höheren Raten gearbeitet (ca.3.5MB/s). Dementsprechend mehr Daten sind zwar unterzubringen, aber nach der Aufzeichnung eines solchen Signals läßt sich die Information meist nicht mehr fehlerfrei rekonstruieren, wie jeder Besitzer eines Videorekorders anhand einer Fernseh-Aufnahme leicht nachprüfen kann.

Die Information
Die insgesamt 90 Bit lange VITC-Information setzt sich zusammen aus 32 Bit Zeitmarkierung, 32 Bit Anwenderdaten und 26 Bit zur Synchronisation und Fehlerabsicherung. Die Zeitmarkierung ist aufgeteilt in Stunden, Minuten, Sekunden und Bilder (1/25s). Sie kann entweder eine Echtzeitmarkierung sein, d.h. die tatsächliche Uhrzeit zum Zeitpunkt der Videoaufnahme wird kodiert, oder es handelt sich um eine Relativzeit, die den Abstand zum Beginn der Aufnahme dokumentiert. Die 32 Bit für Anwenderdaten können frei belegt werden, und hier lassen sich nun in idealer Weise Meßwerte und sonstige bildbezogene Daten ablegen.

Die Datenrate
Um das spätere Auslesen der Information noch sicherer zu machen, werden identische Zeit- und Datenwerte gleich in mehrere Zeilen der Austastlücke geschrieben. Außerdem erhalten beide Halbbilder eines Vollbildes gleiche Informationen. Das kann wichtig sein, wenn die Daten aus dem Standbild eines Videorekorders zurückgelesen werden sollen, denn dieser stellt dabei in der Regel nur ein Halbbild zur Verfügung. Es ergibt sich demnach zunächst eine Datenrate von 32 Bit * 25 Bilder / Sekunde, entsprechend 800Bd. Je nach Anwendung kann auf die Zeitmarkierung der Bilder ganz oder teilweise verzichtet werden, so daß durch die Mitnutzung der freigewordenen Bits für das Datensignal höhere Raten zu erzielen sind. Wird noch mehr Kapazität gefordert, dann müssen in mehreren Videozeilen pro Halbbild unterschiedliche Daten untergebracht werden. Hier ist ein der Anwendung entsprechender Kompromiß zwischen Daten -Sicherheit und -Rate zu finden.

Generieren der Information
Zur Kodierung der Daten ins Video wird der entsprechende Generator direkt hinter der Kamera in die Videoleitung eingeschleift. Anhand der Synchronisationssignale sucht er die für das VITC-Signal vorgesehenen Zeilen und ersetzt deren Inhalt durch die 90 Bit Daten. Um einen definierten Eintastpegel sicherzustellen, muß die Gleichspannungskomponente des Videos zunächst wiederhergestellt werden (Klemmung). Eine Synchronsignalabtrennung liefert die zur Zeilenauswahl, Klemmung und Eintastung nötigen Steuersignale. Über einen Multiplexer wird schließlich das Video mit den Daten ergänzt. Dabei dürfen die Flanken des eingesetzten NRZ-Signals nicht steiler als ca. 200ns sein, da ansonsten bei einer nachfolgenden Bandbegrenzung, entweder durch im Signalweg liegende Filter oder durch die Aufzeichnung auf einem Magnetband, ein Überschwingen entsteht (Ringing), wodurch das spätere Auslesen der Information wesentlicht erschwert werden kann. Zur Übernahme der zu generierenden Daten von einem Rechner oder einem Meßwertaufnehmer dient meist eine serielle Schnittstelle.

 

In die Videoverbindung zwischen Kamera und Aufnahmerekorder wird der VITC-Generator eingeschleift. Die aufzunehmenden Meßwerte werden ihm über die serielle Schnittstelle eingespielt.

Auslesen der Information
Zur Wiedergewinnung der Information wird ein entsprechender Leser benötigt. Die interne Ablaufsteuerung wird hier ebenfalls von der Synchronsignalabtrennung gespeist. Nach der Klemmung des Videos separiert ein Komparator die Daten. Eine CRC-Fehlererkennung entscheidet, ob die einzelnen Informationen dekodiert und zur Weiterverarbeitung bereitgestellt werden können. Dies kann wieder über eine serielle Schnittstelle geschehen. Eine sinnvolle Erweiterung des Lesers ist die Texteinblendung. Mit ihr können selektiv einzelne Daten sichtbar im Bild dargestellt werden. Ein Qualitätsmerkmal des VITC-Lesers ist seine Fähigkeit, auch aus Videosignalen minderer Güte die Daten sicher zurückgewinnen zu können. Dazu gehören auch die Signale eines ansonsten guten Videorekorders, der sich in einem Sondermodus, wie z.B Standbild oder sichtbarem schnellen Vor/Rücklauf (Shuttle), befindet.

Das Band mit den auszuwertenden Bildern trägt auch die zugehörigen Meßwerte als VITC-Kodierung. Dem Leser wird das Videosignal zugeführt, er dekodiert die Daten und blendet sie bei Bedarf sichtbar ins Bild ein. Der Rechner übernimmt die Auswertung von Bildern und Daten.

Die Praxis
Die im folgenden beschriebene Anwendung nutzt eine VITC-Kodierung zur späteren Lokalisierung der aufgenommenen Bilder:
Um einen teuren Stillstand oder gar einen Unfall zu vermeiden, muß ein im Bergbau eingesetztes und mehrere hundert Meter langes Förderband in regelmäßigen Abständen auf Schadensfreiheit geprüft werden. Das Förderband besteht, einem Autoreifen ähnlich, aus einem gummiummantelten Stahlgewebe. Eine Beschädigung einzelner Stahldrähte könnte zu einem Reißen des Bandes führen. Zur Prüfung durchläuft das Band vor Ort eine Röntgeneinrichtung, die die Struktur der Stahldrähte sichtbar macht. Über die gesamte Bandlänge entstehen so tausende von Videobildern, die zunächst mit einem Rekorder aufgezeichnet werden. Mit einem VITC-Generator wird dabei eine Positionsmarkierung ins Bild integriert. Die Auswertung geschieht an anderer Stelle mit Hilfe eines Bildverarbeitungssystems, daß durch Vergleiche mit vorhergehenden Messungen auch kleinste Veränderungen in der Struktur des Stahlgewebes erkennt. Der Bildverarbeitungsrechner lädt dabei automatisch über eine Einzelbildschaltung die Bilder vom Videorekorder. Parallel dazu kann über einen VITC-Leser mit serieller Schnittstelle die jeweilige Position des Bandes abgerufen werden. Erkannte Schadstellen werden in einer Liste mit Angabe der Position aufgenommen und können nun vor Ort eingehender untersucht werden. Die Anwendung, Meßwerte in ein Video zu integrieren, ergibt sich zum Beispiel in der Automobilindustrie. Hier werden während der Entwicklungsphase eines neuen Fahrzeugs bestimmte Fahrversuche zur späteren Auswertung auf Video festgehalten. Dabei werden die von diversen am Auto angebrachten Meßwertaufnehmern übermittelten Daten als VITC ins Bild integriert. Zur Auswertung und Archivierung der Versuche genügt so allein die Videoaufzeichnung. Ähnlich ist die Anwendung in der Medizintechnik, wenn bestimmte Untersuchungen oder Eingriffe auf Video festgehalten werden sollen. Die Patientendaten lassen sich, wenn mittels VITC im Bild integriert, zu jedem späteren Zeitpunkt selektiv abrufen und anzeigen. Eine ganz andere Anwendung ergibt sich bei videogestützten Informationssystemen. Hier können bildbegleitende Texte in mehreren Sprachen zunächst unsichtbar als VITC-Signal mit dem Video verbunden werden. Ein Anwender kann dann, mit Hilfe des VITC-Lesers mit integrierter Texteinblendung, seine Sprache auswählen und sich die Informationen anzeigen lassen.

Die Geräte
Beim ViA3.3 handelt es sich um einen Generator, der aufgrund seiner Größe und der Möglichkeit des Batteriebetriebs auch für den mobilen Einsatz geeignet ist. Zum Datenaustausch mit einem Meßwertaufnehmer oder einem Rechner verfügt er über eine serielle Schnittstelle, die wahlweise nach RS232 oder RS422/485 arbeitet. Es stehen verschiedene Software-Protokolle zur Verfügung. Der ViA7.5 ist ein VITC-Leser mit optionaler Texteinblendung. Auch er verfügt über eine serielle Schnittstelle nach RS232 oder RS422/485, und kann über verschiedene Protokolle mit einem Rechner Daten austauschen. Die optionale Videoeinblendung stellt maximal 40 Zeichen in 25 Zeilen dar. Er zeichnet sich besonders durch seine hohe Lesesicherheit aus. Mit diversen Zusatzmodulen, wie z.B. Funkuhren, LED/LCD-Displays oder Datenaquisitionseinheiten, können die beiden beschriebenen Geräte für spezielle Anwendungen erweitert werden. Die interne Steuerung wird jeweils von einem Microcontroller abgewickelt, dessen Software schnell dem jeweiligen Einsatz angepaßt werden kann. Natürlich können beide Geräte im Bereich der Fernseh-Studiotechnik auch als "normale" VITC-Ausrüstung eingesetzt werden.

 

Generator ViA3.3
Durch den Batteriebetrieb wird der Generator portabel. Neben verschiedenen Stromsparmodis sorgt ein Schaltregler für einen hohen Wirkungsgrad der Stromversorgung und damit für eine lange Batterielebensdauer.
Leser ViA7.5
Die hohe Lesesicherheit ergibt sich durch die vom Prozessor über einen D/A-Wandler eingestellte Komparatorschwelle und eine aufwendige Synchron-
signal-Verarbeitung. Die optionale Videoeinblendung ist nicht dargestellt.

 

Die Praxis
ViA3.3 ... VITC / Videodaten - Generator
ViA7.5 ... VITC / Videodaten - Leser und - Einblender


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